Jugend und Wirtschaft

Anlässlich der Preisverleihung "Jugend und Wirtschaft 2001/2002" am 18. September 2002 -gelesen in der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) - kam mir in den Sinn, dass auch junge Amiga-User sich für dieses Thema interessieren könnten.

Dr. Manfred Weber - Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstandes des Bundesverbandes deutscher Banken - stellte in seiner Laudatio in den Vordergrund, dass mit der Auszeichnung der besten Artikel und der besonders engagierten Schulen das nun zum zweiten Male durchgeführte Projekt "Jugend und Wirtschaft", das zu Beginn für alle Neuland und durchaus auch ein kleines Wagnis war, inzwischen seine Feuertaufe überzeugend bestanden hat. Und auch in den Schulen stößt das Projekt auf große Resonanz: Seit seinem Start vor zwei Jahren haben sich insgesamt mehr als 400 Schulen mit über 10.000 Schülerinnen und Schülern um eine Teilnahme beworben.

Besonders wichtig ist dabei meines Erachtens jedoch Folgendes: Die Bereitschaft, sich an einem Projekt zu beteiligen, das über ein ganzes Schuljahr einen so hohen Einsatz verlangt, zeigt mehr als deutlich, wie groß bei Lehrern und Schülern das Interesse an Wirtschaftsfragen ist. Und diese Bereitschaft zeigt auch, dass Wirtschaft als wichtiges Unterrichtsthema zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Monat für Monat liest man nun im Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Beiträge. Da geht es um neue Technologien wie UMTS, um Ökostrom und Landwirtschaft, um Luftfahrt, Weltraumtourismus, Teilzeitarbeit und die Greencard. Unternehmensideen wie die ja überall aus dem Boden sprießenden Kaffeebars werden analysiert, Franchising als Form der Selbstständigkeit wird untersucht und eine "Dorf-Bank" in Bangladesh vorgestellt. Betrachtungen zur Konjunkturentwicklung fehlen ebensowenig wie die Untersuchung des Verhältnisses von Kultur und Wirtschaft. Und last but not least werden auch Sportereignisse wie die Formel 1 oder die letzte Fussballweltmeisterschaft unter die ökonomische Lupe genommen.

Bedingt durch das hochgestecktes Ziel, Schülerinnen und Schüler so für Wirtschaftsthemen zu interessieren, ja sie zu begeistern, dass sie die Mühen umfangreicher Recherchen und die Anstrengung des Schreibens auf sich nehmen, haben sie Auf diese Weise erfahren, dass Wirtschaft nicht gleichbedeutend ist mit Großunternehmen und internationalen Konzernen. Dass vielmehr auch die kleinen und mittleren Unternehmen vor Ort eine bedeutende Rolle spielen. Und sie haben auch erfahren, dass Wirtschaft alles andere ist als eine theoretische, trockene Veranstaltung aus dem Lehrbuch.

Dr. Weber:

Bei einem so praxisnahen Projekt setzen sich die Schüler intensiv mit aktuellen Wirtschaftsthemen auseinander, und sie erfahren unmittelbar, welch große Bedeutung die Wirtschaft für nahezu alle unsere Lebensbereiche hat. Und außerdem: Was sie hier durch "learning by doing" an Wissen erwerben, ist heute mehr denn je wichtige Voraussetzung für ihre beruflichen Chancen und Perspektiven.

Darüber hinaus wird durch die Beschäftigung mit Wirtschaftsfragen auch - ja, vielleicht gerade -die Wertehaltung zu unserer Gesellschaftsordnung maßgeblich geprägt. Schon in der Schule müssen wir den Jugendlichen die zentralen Grundwerte von Demokratie und Marktwirtschaft vermitteln.

Dazu zählen auch für unsere Gesellschaft so wesentliche Eigenschaften wie Eigenverantwortung und Selbstständigkeit. Schließlich geht es um die Grundlage allen - nicht nur ökonomischen -Handelns. Insofern ist die Beschäftigung mit Wirtschaftsfragen auch Erziehung zum verantwortlichen Gebrauch von Freiheit und damit Erziehung zur Demokratie.

Quintesenz:
Die Welt von heute ist ohne Wirtschaftskenntnisse nicht mehr zu verstehen. Es zweifelt inzwischen niemand mehr daran, dass wirtschaftliches Grundwissen zur Allgemeinbildung gehört. Politiker und Eltern, Schulleiter und Lehrer, aber auch die breite Öffentlichkeit sehen das so. Alle sind sich einig, dass wirtschaftliche Grundbildung unerlässlich ist, um verantwortlich und sachgerecht handeln zu können.

Und auch die Schüler haben nichts gegen Wirtschaft im Unterricht - im Gegenteil. Das ausgeprägte Interesse und die große Bereitschaft sich bei Projekten wie "Jugend und Wirtschaft" zu engagieren, liefern hierfür den besten Beweis. Damit stellt sich nicht mehr die Frage, ob Wirtschaft in die Schule gehört, sondern wie das Thema dort integriert werden soll. Dabei genügt es nicht, wirtschaftliche Inhalte nur als Bestandteile anderer Fächer zu unterrichten. Denn diese Fächer sind weder dazu bestimmt noch geeignet, Wirtschaftskenntnisse systematisch zu vermitteln. Die Grundlagen ökonomischen Wissens, kann wesentlich nur in einem eigenen Unterrichtsfach gelehrt werden. Die große Bedeutung des Themas und seine Komplexität machen ein Schulfach Wirtschaft erforderlich.

Die Politik ist an dieser Stelle gefordert. Sie muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass es in den Schulen mehr Raum für Wirtschaftsthemen gibt. Eine aktuelle Umfrage des ipos-Instituts unterstützt diese Forderung. Danach sind 80 % der Deutschen dafür, dass Wirtschaftsthemen im Schulunterricht eine wesentlich größere Rolle spielen sollten als bisher. Für die Einführung eines eigenen Schulfaches Wirtschaft plädieren bundesweit sogar 69 % der Bevölkerung.

Wie oben schon angeführt, haben sich seit dem Start des Projektes insgesamt über 400 Schulen mit mehr als 10.000 Schülerinnen und Schülern beworben. Die Teilnehmer hatten dabei Gelegenheit, jeden Monat im Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Beiträge zu veröffentlichen, die sie selbst recherchiert und geschrieben haben. Die Autoren der besten Artikel werden mit einem Multimedia-Notebook belohnt. Die jeweils drei besten Schulen erhalten darüber hinaus eine Geldprämie in Höhe von 5.000 Euro. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Prof. Dr.-Ing. habil. Dagmar Schipanski, würdigte anlässlich der Preisverleihung das Projekt als vorbildhaft, zukunftsweisend und nachahmenswert. Es fordere Schüler und Lehrer gleichermaßen und verlange einen hohen Einsatz ab. Bildung, so Frau Schipanski weiter, sei eine wichtige Investition in die Zukunft -für jeden einzelnen, für jedes Unternehmen und für die Gesellschaft. Dass nun auch die Politik gefordert ist, hat sie wahrscheinlich wohlweislich vergessen zu erwähnen.

Autor:   Wolf Zimmer E-Mail: wolf@wozim.de Homepage: http://www.wozim.de